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Natürliche Radioaktivität - hier kann sie uns gefährlich werden

Aktualisiert: 19. Juni 2022

Bei Radioaktivität denken viele Menschen sofort an Tschernobyl, Atomkraftwerke oder Atombomben. Aber auch in unserem Alltag steckt viel Strahlung. „Natürlich“ bedeutet jedoch nicht gleich gesund. Die größte Gefahr kann sogar im eigenen Zuhause lauern.


Bananen sind leicht radioaktiv und auch von Zigaretten geht eine Strahlenbelastung aus. /Credit:pixabay.de


Natürliche Radioaktivität begleitet uns im Alltag. Wer gerne fliegt, setzt sich der kosmischen Strahlung aus. Diese stammt aus dem Weltall und kann in extremen Höhen nicht abgeschirmt werden. Flugpersonal wird daher mit Strahlungsmessgeräten überwacht und medizinisch begleitet. Aber auch in Nahrung kann Radioaktivität vorkommen. Der radioaktive Stoff Kalium-40 findet sich beispielsweise in Bananen. Dies ist ein überlebensnotwendiges Mineral, dessen Gehalt im Körper weitgehend konstant gehalten wird. „Wird es zu viel, scheidet es der Körper einfach aus. Daher führt der Verzehr nicht zu einer erhöhten Strahlenbelastung“, erklärt Hauke Doerk, Experte für Radioaktivität am Umweltinstitut München.

Erklärung zu Radioaktivität und ihren Einheiten. Quelle: BfS / Credit: Stephanie Brunner


Was viele überraschen dürfte: Auch Rauchen ist mit einer Strahlenbelastung verbunden. Zehn Zigaretten täglich entsprechen in etwa einer Dosis von 25 Millisievert im Jahr, rechnet Doerk vor. „Das ist nicht unerheblich und liegt sogar über dem Grenzwert für Personal, das im Sicherheitsbereich von kerntechnischen Anlagen arbeitet“, betont der Physiker.


Mittlere Jahresdosis durch natürliche Strahlenquellen (Quelle: Bundesministerium für Umwelt 2019):

Die Dosis natürlicher Strahlenquellen im Mittel in Deutschland innerhalb einen Jahres. /Credit: Stephanie Brunner


Die Gefahr in den eigenen vier Wänden


Das größte Problem bei natürlicher Radioaktivität sei aber das Radon. Dies ist ein radioaktives Edelgas, das beim Zerfall des Elements Uran im Boden entsteht. An der frischen Luft verflüchtigt es sich sehr schnell. Zum Problem wird es aber in Innenräumen, wenn das Gas aus dem Boden aufsteigt und in Gebäude gelangt. „Dort konzentriert es sich in der Raumluft und wird eingeatmet“, so Doerk. Das Erstaunliche: viele Menschen haben davon noch nie gehört und das obwohl es hierzulande zu den Hauptursachen für Lungenkrebs zählt.


Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) stellt Karten zum Radonvorkommen in Deutschland bereit, die eine erste Orientierung liefern. „Wo es viel Uran im Boden gibt, da ist auch viel Radon“, sagt Anja Lutz vom BfS. Gewissheit liefert jedoch nur eine Radonmessung vor Ort. „Ein Haus ohne Keller, aber mit durchlässigen Bodenplatten ist betroffen. Das Haus daneben, mit einem offenen Keller, nicht“, berichtet Lutz. Staatliche Vorgaben zur Messung gibt es in den sogenannten ausgewiesenen Vorsorgegebieten, also an Orten, an denen hohe Radonwerte zu erwarten sind. Diese gelten jedoch nur in öffentlichen Gebäuden, Neubauten oder an Arbeitsstätten. „Zuhause setzt der Staat auf die Eigenverantwortung der Bürger“, sagt Lutz.


Skizze: Der Weg von Radon (Rn-222) aus dem Boden in unsere Häuser. /Credit: Stephanie Brunner


Erklärfilm zum Thema Radon vom Bundesamt für Strahlenschutz. / Credit: RadonTec, Youtube


Radon-Sanierung in Deutschland

Diese Eigenverantwortung kritisiert Richard Zinken von der Firma RADEA Stammhaus GmbH in Hilpoltstein. Sein Unternehmen ist auf Radon-Sanierung von Gebäuden spezialisiert. Bei zu hohen Werten muss das Problem an der Wurzel gepackt werden. Dann kommt beispielsweise ein sogenanntes Radon-Absaug-Verfahren zum Einsatz. Hierbei leitet ein Gerät das Edelgas aus dem Keller nach draußen. „Leider wird das Thema in Deutschland möglichst klein gehalten. Die Politik duckt sich weg“, so der Diplom-Ingenieur. Der Grund: Die Sanierung von Bestandsgebäuden, gerade im öffentlichen Bereich, wäre mit enormen Kosten verbunden.


Um die Konzentration an Radon einordnen zu können, gibt es einen Referenzwert. Er ist im deutschen Strahlenschutzgesetz auf 300 Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m3) Raumluft festgelegt. Der Radon-Profi weiß aber auch von Werten um die 20.000 Bq/m3, die in nicht ausgewiesenen Vorsorgegebieten vorkamen. Durch Energie-Einsparmaßnahmen im Rahmen der staatlichen Förderung sei das Problem in den letzten 25 Jahren noch verstärkt worden. Moderne Fenster oder Dachabdeckungen dichten besser ab und sorgen so für weniger Luftzirkulation – die Radonkonzentration steigt.

Ein Radonmessgerät kann in Räumen wie dem Keller aufgestellt werden. / Credit: pixabay.de


Aber auch in älteren Gebäuden kann es zu Problemen kommen. Hier wurden oft Baumaterialien genutzt, die relativ durchlässig sind und so dem Gas das Aufsteigen in Wohn- und Nutzräume ermöglichen. Jedes Gebäude sei ein individueller Fall, der dementsprechend behandelt werden muss.

„Im Prinzip sollte in jedem Haus gemessen werden, egal wo!“

Das Thema werde zwar inzwischen bekannter, aber die Öffentlichkeit müsse noch mehr sensibilisiert werden. Hoffnung mache ihm ein gerade neu gegründeter Bundesverband-Radon, ein Zusammenschluss aus Experten verschiedener Fachbereiche, die sich dem Problem annehmen. Andere Länder wie Schweden seien in Sachen Radonschutz schon deutlich weiter.

Letztendlich kann der Mensch sich der natürlichen Radioaktivität nicht entziehen. Aber einige Faktoren, die uns im Alltag begegnen, können wir reduzieren oder gar vermeiden. Wie es mit dem Radonschutz in Deutschland weitergeht, bleibt abzuwarten.


von Stephanie Brunner











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